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Geschichte Nr 6

 

Wer soll das bezahlen?


Gestern las ich in der online-Ausgabe einer hiesigen Zeitschrift einen Bericht, der sich mit den finanziellen Verlusten kleinerer und mittlerer Unternehmen während der Wochen der Krise beschäftigte. Und der Anzahl der Arbeitslosen. Hier in Portugal ist ein vereinfachtes "lay-off"-Modell in Kraft, das wohl dem deutschen Kurzarbeitergeld ähnelt. 70 % des reduzierten Gehaltes zahlen die Sozialkassen, 30 % der Arbeitgeber. In einem Appell an die Regierung gaben die Arbeitgeber bekannt, dass sie höchstens noch zwei weitere Monate in der Lage sein werden, diese 30 % zu stemmen.


Es gibt ein Moratorium von aktuell zwei Monaten für Mieter, die aufgrund der Krise und reduzierter Arbeitseinkommen ihren vertraglichen Verpflichtungen dem Eigentümer gegenüber nicht nachkommen können. Die zwei ausstehenden Mieten müssen dann innerhalb eines Jahres in Raten (zzgl. zur normalen Monatsmiete) wieder zurückgezahlt werden.


Hypothekenzahlungen werden seitens der Banken gestundet, Selbständige erhalten einen finanziellen Ausgleich für entgangene Einnahmen u. a. m.


Aber wer soll das am Ende alles bezahlen? Dem Staat gehen Steuereinnahmen in erheblichem Umfang verloren: Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Mineralölsteuer. Auf der anderen Seite steigen seine Ausgaben zur Bewältigung der Krise in einem nie dagewesenen Ausmaß.


Die getroffenen Maßnahmen seitens der Regierung zur finanziellen Unterstützung seiner Bürger sind vernünftig, um den Menschen ihre akute Existenzangst zu nehmen und die Wirtschaft, wenn auch auf einem eingeschränkten Niveau, weiterhin am laufen zu halten.


Aber wie lange kann das noch gut gehen? Es handelt sich um zeitlich befristete Überbrückungszahlungen und aufgeschobene Zahlungsverpflichtungen.


Der Ausnahmezustand und seine ernsten Nebenwirkungen nähern sich m. E. einer kritischen Phase. Und es gibt, mittlerweile in zahlreichen europäischen Ländern, renommierte Medizin-Wissenschafter, die die Gefährlichkeit des Virus deutlich geringer einschätzen als die Regierungsinstitutionen und die die Genauigkeit der veröffentlichten Statistiken anzweifeln. Und diese Stimmen werden lauter. Auch die Anzahl der Juristen und Verfassungsrechtler steigt an, die die Meinung vertreten, dass die getroffenen Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Menschen weit überzogen sind und teilweise nicht mit der Verfassung in Einklang stehen.


Die langsame, aber fokussierte Rückkehr zur Normalität scheint mir ein notwendiger Weg, der sicherlich von einer absoluten Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird. Wenn für eine begrenzte Zeit die Maskenpflicht in Geschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln den Übergang erleichtert, warum nicht. Besser als weiterhin in die Untätigkeit verpflichtet zu sein.


Der Ausnahmezustand hier in Portugal läuft noch bis Anfang Mai. Zu diesem Datum würde er sechs Wochen andauern. Und hätte damit ein m. E. verantwortbares Limit erreicht.


© Solandra (24. April 2020)