Sorry seems to be the hardest word ...

 

Diese Worte sind einem bekannten Song von Elton John entnommen. Wörtlich ins Deutsche übersetzt: „Sorry scheint das schwerste Wort zu sein.“ Will man den Interpretationsrahmen erweitern, könnte man auch sagen = Vielen Menschen scheint es sehr schwer zu fallen, sich angemessen zu entschuldigen.

 

Stichwort „angemessen“. Es beginnt im Grunde mit der Erkenntnis, dass wir uns nicht selbst „ent-schuldigen“ können. Aber wir können unser Gegenüber um Entschuldigung bitten. Ich bin in meinem Leben eher selten jemandem begegnet, der die Kunst beherrscht, um Entschuldigung oder Vergebung zu bitten. Auf eine authentische und wahrhaftige Art und Weise. Es ist m. E. eine Frage des Charakters und der Persönlichkeit. Einem Menschen mit Mangel an wirklichem Selbstbewusstsein fällt es tendenziell schwer, um Entschuldigung zu bitten. Vor allem gegenüber einem Familienmitglied oder Kollegen, das/der im Rahmen einer Hierarchie „unter ihm“ steht.

 

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an meinen Vater. Ein Mann mit Charisma und dominantem Auftreten, der seinem Umfeld Respekt abverlangte. Ohne ein Wort zu sagen, allein durch seine Ausstrahlung. Aber: Mein Vater war nicht in der Lage, einen Fehler zuzugeben oder sich gar zu entschuldigen. Er behauptete einfach, er habe recht. Das Familienoberhaupt hat gesprochen. Punkt. Ich konnte das nie verstehen. Denn ich war mir absolut sicher, dass er sehr genau wusste, was Sache war. Und ich dachte für mich: „Du kannst noch Hundertmal wiederholen, dass die Dinge so sind oder waren wie von Dir behauptet, aber innerlich weißt Du es doch selbst, dass Du Schmarrn redest. Was soll das?“ Am Ende tat er mir sogar irgendwie leid.

 

Es war und ist wohl eine Art Machtspiel. Vom Kind wird erwartet, dass es sich brav bei den Eltern entschuldigt. Andersherum geschieht das eher selten. Ähnliches gilt für das Verhältnis Chef und Mitarbeiter. Eine frühere Vorgesetzte behauptete in einer Situation steif und fest, ich hätte eine wichtige Akte verbummelt. Ich wusste genau, dass das nicht stimmte. Sie selbst hatte sie nach einem stressigen Tag mit nach Hause genommen. Sie ist anschließend nie wieder auf das Thema zurückgekommen und ich auch nicht. Nach einem halben Jahr habe ich mich aus ihrem Dunstkreis verabschiedet. Ich hatte den Respekt verloren.

 

Wer einmal versucht hat, einen anderen Menschen aus vollem und ehrlichem Herzen um Entschuldigung zu bitten, egal ob er ihn unbewusst oder absichtlich verletzt hat, wird die absolut befreiende Wirkung dieses Vorgangs spüren. Eine Entscheidung, die anfänglich Mut verlangt, aber die uns am Ende stärker macht und nicht schwächer. Wir zeigen Respekt und erhalten ihn zurück. Ein konfliktbereinigter Neustart wird möglich. Sei es auf persönlicher oder auf gesellschaftlicher Ebene.

 

© Solandra (06.05.2023)

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